Spielosoph 
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Donnerstag, 18. August 2011

Sphera: The Inner Journey

Sphera: The Inner JourneyManchmal gibt es Spiele, bei denen kann ich mich nicht entscheiden, ob ich sie mag oder nicht. So eines ist Sphera: The Inner Journey. Ich habe unendlich viel geflucht dabei - und gleichzeitig wollte ich es unbedingt bis zum Ende spielen, auch wenn es bedeutete, nach der Hälfte der Spielzeit nochmal komplett von vorne anzufangen. Zuerst sei gesagt, dass es endlich einmal eine Handlung hat, die vom Spukhaus/Geisterstadt-Einheitsbrei abweicht. Angesiedelt im zweiten Weltkrieg, erzählt es die Geschichte von Tess. Sie hat ein hartes Leben: Der Vater kämpft im Krieg, die Mutter schuftet in der Rüstungsfabrik, und der Bruder terrorisiert sie. Alles ändert sich, als Tess eine seltsame Kugel findet. Als sie diese berührt, wird sie in eine fremde Welt, augenscheinlich irgendwo in ihrem eigenen Verstand, versetzt, und muss zusehen, wie sie wieder herauskommt. Dass ihr das nicht wirklich gelingen wird, erfahren wir schon im Intro: Da erzählt sie nämlich, dass niemand jemals mehr von ihr gehört hat. Trotzdem - es wird interessant.

Die Welt von Sphera ist traum- bis alptraumhaft. Manches kann man sich nur mit einer gestörten Kinderphantasie erklären, zum Beispiel, warum dort ausgerechnet ein sprechendes Walross namens Zuchary König ist. Andere Stellen erinnern an Filme wie Labyrinth oder Szenen aus Alice im Wunderland, was ja schon mal nicht schlecht ist. Man arbeitet sich durch Welten, die immer aus zwei bis vier Räumen bestehen, die aber nicht viel miteinander zu tun haben. Zwischendurch löst man Rätsel, spielt ein paar Minispiele, sammelt Gegenstände ein und tut die üblichen sachen, die ein Wimmelbildspiel ausmachen, und man hat so lange das Gefühl, einer wirklich netten Geschichte zu folgen: Vom schüchternen kleinen Mädchen, das lernen muss, sich gegen ihre Umwelt und vor allem den großen Bruder durchzusetzen, um gemeinsam die schwere, vaterlose Zeit durchzustehen. Solange, bis man das Ende erreicht, das ebenso unerwartet wie beknackt ist und uns eine Fortsetzung verspricht, die ich nicht wirklich gerne spielen möchte. Aber geflucht habe ich schon viel früher, und nicht deswegen.

Das größte Problem mit dem Spiel ist, dass man es nicht im Fortgeschrittenenmodus spielen kann. Das heißt, man kann schon - aber man will nicht. Normalerweise heißt »advanced«, dass wichtige Stellen nicht funkeln und der Tipp länger braucht, um aufzuladen. Aber Sphera geht da noch einen Schritt weiter. Hier heißt »advanced«, dass sich auch der Mauszeiger niemals verändert, auch wenn etwas anzuklicken oder aufzuheben ist oder ein Wimmelbild zur Verfügung steht. Und das bei Szenerien, in denen sich die Dinge sehr ähnlich sehen und nichts wirklich heraussticht. Muss man im Normal-Modus das Bild mit der Maus abwedeln und sehen, wo etwas zu tun ist und wo aktive Szenen sind, bedeutet das, dass man im Advanced-Modus das Bild mit der Maus abwedeln muss - und dabei jeden Pixel anklicken. Das Problem sind nicht die Wimmelbilder, die sind ziemlich einfach und klar. Aber die anderen Bilder, in denen man sich bewegt und Dinge benutzen muss - und die machen den Großteil des Spieles aus - sind ziemlich unbenutzbar.

Noch schlimmer wird das durch den Tipp. Im Wimmelbild funktioniert er, wie er soll, und zeigt die zu findenden Dinge. In den anderen Szenen sagt das freundliche Walross statt dessen Dinge wie »Um die Kanone abzufeuern, musst du sie erst laden« - ach, das weiß ich selbst, aber dass in einer komplett mit Blattgold überzogenen Szenerie die goldene Kanonenkugel unter dem Tisch liegt, halb hinter dem Tischtuch, halb dem Tischbein verborgen, dass nur ein winziges Eckchen herausguckt und dabei überhaupt nicht nach Kanonenkugel aussieht - das sagt der Tipp einem nicht. Wer sich keine Komplettlösung dazu suchen und schummeln will, hat letztlich nur die Wahl, wie ich nochmal von vorne zu starten und den Modus auf »casual« zu setzen. Aber bis ich diese Entscheidung getroffen habe (und herausgefunden, dass es nicht ein Bug des Spiels ist, sondern ein Feature), hatte ich schon neun oder zehn Szenerien per Echolot abgesucht und mich dabei unentwegt geärgert. Natürlich braucht der Tipp auch noch Unzeiten, um wieder aufzuladen, und er geht auch weg, wenn man in einer Szenerie zwar gerade nichts, aber irgendwann in Zukunft wieder etwas tun kann. Dazu kommen dann noch Gegenstände, die man zwar sehen und für wichtig erachten, aber noch nicht mitnehmen kann, so dass man immer wieder zurücklaufen muss, um Dinge zu erledigen, die vorher noch nicht freigeschaltet waren.

Dabei sind die Grafiken schön und stimmig. Manchmal wirken sie etwas kindlich und verspielt, aber man sollte nicht auf den Gedanken kommen, es mit einem Kinderspiel zu tun zu haben - spätestens wenn man ein Skelett zusammensetzt, das sich daraufhin in ein kleines Mädchen mit leeren Augenhöhlen verwandelt, merkt man doch, dass die Zielgruppe eher Erwachsene sind. Was den völlig verschwurbelten Schluss auch nicht entschuldigt oder besser macht. Die Sprachausgabe ist sehr schön, vor allem die Sprecherin von Tess hat eine glaubhaft junge Stimme, unsicher, etwas brüchig, dass man das Mädchen gleich in den Arm nehmen und ihm Mut und Trost zusprechen möchte. Animationen gibt es dafür keine, in Dialogen stehen sich die Figuren reglos gegenüber, selbst in der Schlusskonfrontation zwischen Tess und ihrem Bruder geht es zwar vokal zur Sache, dabei stehen sie nur mit regloser Miene herum. Aber fehlende Animationen sind so ein typisches Wimmelbildspiel-Problem. Damit die Spiele für kleines Geld auf den Markt können, dürfen sie auch nicht zu teuer produziert werden. Das ist in meinen Augen eine Milchmädchenrechung, denn die Absatzzahlen sind bei dem kleinen Preis entsprechend höher (und ich finde die meisten groß produzierten Computerspiele sowieso überteuert). Sphera hat zumindest einen gewissen künstlerischen Anspruch, aber trotzdem wäre da sicher noch mehr dringewesen.

Und was bleibt am Ende? Ein Spiel, das ein komisches Gefühl hinterlässt. Nichts halbes und nichts ganzes, zu viele Stellen, an denen ich mich geärgert habe und die auch im einfachen Modus nicht ohne Tipp zu lösen waren - wenn Tess mir nur bei Dingen, die ich anklicke, den Kommentar »I’m smart enough to figure this out« gibt, komme ich nicht ohne weiteres auf die Idee, die stumpfe Axt an einem schlafenden Monsterhund zu schärfen - und eine nette Geschichte, die am Ende kurzerhand weggeschmissen wird. Jetzt bedroht zwar ein neues Böses die Welt - trotzdem hätte ich es besser gefunden, wenn Tess einfach mit ihrem Bruder mal geredet und die Animositäten aus der Welt geräumt hätte. Ohnehin ist der Schluss völlig überhastet und das Spiel viel zu kurz - dass man am Anfang vor sieben verschlossenen Türen steht, gaukelt eine lange Spielzeit vor, aber tatsächlich sind drei von den Türen nur dazu da, dass man wieder herauskommt, was das Spiel doch arg verkürzt - im zweiten Anlauf, der erste hatte viel Zeit mit Rumklicken gekostet, war das Spiel nach gut zwei Stunden schon vorbei. Unterm Strich ein Spiel, das tendenziell verzichtbar ist, und eine nette Idee, die leider verschenkt wurde.


Dieses Spiel probespielen oder kaufen bei Bigfish:
Englische Fassung: Sphera
Deutsche Fassung: nicht erschienen
Geschrieben von Spielosoph in Adventure um 01:37 | Kommentare (0) | Trackbacks (0)
Tags für diesen Artikel: geschwisterkonflikt, traumwelten
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